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Die fünf Säulen des Islam
3. Säule: Saum (türk. Oruç) - das Fasten
im Monat Ramadân (türk. Ramazan)
Der islamische Kalender folgt dem Mondjahr, das nur 354
Tage zählt und sich demzufolge gegenüber unserem
Sonnenjahr jährlich um ca. 11 Tage rückwärts verschiebt.
Während den kurzen Wintertagen ist das Fasten leichter
als während den langen und oft heissen Tagen im Sommer.
Hz. Muhammad warnte vor übertriebener Askese, und er
erlaubte das Verschieben des Fastens für Kranke,
Reisende, werdende und stillende Mütter sowie Frauen im
Wochenbett oder während der monatlichen Blutungen.
Altersschwache sind von der Pflicht ausgenommen, lassen
aber einem Armen für jeden nicht gefasteten Tag eine
volle Mahlzeit oder ihren Gegenwert in Geld zukommen.
Die Zeit des Fastens beginnt vor dem Morgengrauen mit
dem gefassten Vorsatz (Nîyya, türk. Niyet),
den ganzen Tag hindurch nicht zu essen, zu trinken, zu
rauchen und keinen geschlechtlichen Verkehr zu pflegen,
und es endet nach dem Abendgebet. Der Tradition gemäss
wird vor dem Abendgebet das Fasten mit einem Glas Wasser
oder Milch und einer ungeraden Anzahl von Datteln
gebrochen - dies um zu verhindern, dass die Gedanken
während dem Abendgebet beim erwarteten Essen statt bei
Gott verweilen.
Der Ramadan ist zugleich eine anstrengende und
freudevolle Zeit. Dreissig Mal lösen sich im Verlaufe
des Monats asketische Spannung und gesellige
Feierlichkeit ab. Im Fasten, das die ganze islamische
Welt zur gleichen Zeit einhält, erfahren die Gläubigen
eine verstärkte geistige Verbundenheit mit der Gemeinde,
der Umma. Die Nächte des Ramadan bekräftigen das
Gefühl der Zusammengehörigkeit durch gemeinsames Essen,
gegenseitige Besuche, Spenden von Almosen, Speisung der
Armen, Gebete und Lesungen religiöser Texte. ‘Îd
al-Fitr (türk. Seker bayrami), das dreitägige
Fest des Fastenbrechens zu Beginn des 10. Monats,
beendet den Fastenmonat mit einem feierlichen
Gemeinschaftsgebet, Wohltätigkeiten und Festlichkeiten.
Der Ramadan gilt als besonders gnadenerfüllte Zeit, da
in ihm sich der Koran (in 30 Teilen) offenbarte, was
anschliessend während 22 Jahren in verschiedenen
Situationen zu dessen Rezitation führte. Nach den Worten
des Propheten soll eine der ungeraden Nächte (die
Bevorzugung ungerader Zahlen stammt aus pythagoräischer
Zeit) in den zehn letzten Tagen des Ramadan die "Nacht
der Bestimmung" (Laylat al-Qadr) sein, eine
besonders gesegnete und lichterfüllte Nacht. Eine weit
verbreitete Tradition nimmt dafür die Nacht zum 27. Tag
dieses Fastenmonats an. In der Laylat al-Qadr sind die
Paradiespforten offen für all diejenigen, die sich durch
ihre Frömmigkeit ausgezeichnet haben (siehe die 97. Sure
Al-Qadr).
Als spirituelles Fasten kann jegliche Abkehr von
Nahrung, welche die niedere Natur (Nafs) ernährt,
betrachtet werden. Dazu gehören vorerst mal das Essen
von Schweinefleisch und Trinken von alkoholischen
Getränken sowie das Einnehmen von Suchtmitteln. Aber
auch Pornographie, Anreize zur Gewalt und die
Verherrlichung der Macht gehören dazu, sowie Neugierde
und Klatsch. Die höchste Kunst des Fastens ist der
ständige Verzicht auf alles, was neben Gott stehen
könnte, wie die persönliche Anerkennung oder die
Faszination für die Dinge der anderen Welt. Auch wenn
Gott alles für den Menschen erschaffen hat, so hat er
den Menschen alleine für Ihn gemacht. Allah spricht:
Der Mensch ist Mein Geheimnis, und Ich bin sein
Geheimnis.
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